Was Sie von Intel lernen können


 

Pat Gelsinger übernahm im Februar die Leitung von Intel, jener Firma, die über Jahrzehnte das Mikroprozessor-Geschäft der Welt dominierte und dies immer noch tut. Als solches hat sie ihre potentiellen Rivalen traditionell vor sich hergetrieben, in dem sie ihre Chips, im wesentlichen Moore's (Mitbegründer von Intel) Gesetz folgend, ständig weiterentwickelte und sie damit unverzichtbar in der kontinuierlich wachsenden Computerbranche machte.

 

Aber - Überraschung - die Welt hat sich verändert. Smartphones überholen traditionelle Computer und in diesem Bereich spielt Intel keine Rolle. Allzweck-Chips, worin die Kernkompetenz Intels liegt, werden zunehmend durch hoch spezialisierte Prozessoren abgelöst. Und in der reinen Produktion erweisen sich ebenfalls hoch spezialisierte, wie in vielen anderen Sektoren, chinesische, bzw. in diesem Fall Taiwanesische Fabriken (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) nicht nur billiger, sondern insgesamt als effizienter. Analysten und Investoren empfehlen daher Intel einen gänzlichen Ausstieg aus der Produktion.

 

Plötzlich findet sich Intel gefangen in Pfadabhängigkeiten, ein dominierender Konzern droht in den Bereich des "Bestehens" zu wandern (in unserem Modell von Arena 1 zu Arena 2). Wie der Economist berichtet, sind kaum Käufer für die Produktionsanlagen zu finden, eben, weil sie technologisch nicht mehr am aktuellen Stand sind ("Lock-In"!). Diversifikationsschritte, integraler Bestandteil einer Dominierer-Strategie, wurden offenbar verschlafen. Die Forschung und Entwicklung scheint einseitig auf die Verkleinerung und Beschleunigung bestehender Prozessor-Philosophien gesetzt zu haben - eben dem Mooreschen Gesetz folgend. Letzteres scheint aber an seine physikalischen Grenzen gestoßen zu sein - die ungewohnten Verzögerungen bei der Einführung neuer Chip-Generationen legen Zeugnis dafür ab. Ob ein Ingenieur wie Pat Gelsinger, der von den Intel-Gründern geprägt wurde, solche Pfadabhängigkeiten durchbrechen kann und Intel neue Strategische Optionen finden lässt, ist fraglich.

 

Intel hat zumindest riesige finanzielle Ressourcen, die ihm solche eröffnen sollten. Weniger große Firmen, die dennoch eine Nische dominieren, sollten frühzeitiger ihre Lehren aus solchen Erfahrungen ziehen. Keine einmal dominante Firma kann darauf hoffen, dass deren Nische noch in fünf Jahren existiert und sie dort ihre Kernkompetenzen nutzen kann. Forschung und Entwicklung für neue Produkte und Nischen ist essentiell und erlaubt nicht nur die Diversifikation jenseits der angestammten Bereiche, sondern sie ist dessen notwendige Konsequenz. Auf neue Nischen wird nicht nur reagiert, sondern sie werden geschaffen, um sie in gleicher Weise zu dominieren.

 

Johannes M. Lehner

 


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